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Posttraumatische Belastungsstörung

Psychiatrie als Schwerpunkt



Was ist ein Trauma?



Das lateinische Wort "Trauma" meint Verletzung. Das kann eine körperliche Verletzung sein. So nennt sich ein Chirurg, der Unfälle operiert "Traumatologe". Trauma kann aber auch eine seelische Verletzung bedeuten.

Im Alltag meinen wir mit Trauma meist die seelische Verletzung. Es gibt eine Erfahrung, ein Erlebnis, das mich verletzt hat. Die Vorstellung, dass diese Verletzung eine "Mindestgrösse" erreicht haben muss, um ein Trauma genannt zu werden, ist falsch.



 


 


Beim Trauma ist nicht die Verletzungsursache an sich wesentlich, sondern die Auswirkung.

Etwas plakativ: Entscheidend ist nicht die grösse des Hammers, sondern die entstehende Beule.



Es gibt Traumatisierungen, die man selber erleidet (ein Verkehrsunfall, eine Vergewaltigung, Folter etc.) Es gibt aber auch indirekte Traumatisierungen. Zum Beispiel wenn man die Traumatisierung eines geliebten Menschen mitansehen muss.



Das Wichtigste in Kürze:



Es kann hier unmöglich der Platz sein, detailliert über das psychische Trauma zu berichten. Dazu gibt es Fachliteratur genug. Es sollen hier lediglich ein paar wesentliche Punkte festgehalten werden, quasi "ein paar Nägel eingeschlagen werden".



Ein Trauma gräbt sich ein.

Ein Trauma wird in unserem Gedächtnis eingebrannt, fast wie eine Musik auf einer CD. Durch Gespräche allein wird die weitere Verarbeitung nur minimal erreicht.



Ueberleben heisst fragmentieren!

Eine Ueberlebensstrategie unserer Seele besteht darin, die schmerzhafte Erinnerung und die dazu gehörenden Gefühle abzuspalten, zu fragmentieren. Im Moment sind diese Probleme dann aus den Augen, aus dem Sinn... Dies ermöglicht uns, überhaupt zu überleben. Durch diesen Mechanismus werden die schmerzhaften Anteile quasi eingekapselt.

Was kurzfristig nötig und hilfreich ist, erweist sich auf die Dauer als problematisch und hinderlich. Einem fünfzigjährigen Mann erklären, dass die Verletzung ja 40 Jahre vorbei ist, das kann er zwar verstandesmässig einordnen, ändert aber an seinen Gefühlen nicht das Geringste.

Die Ursprünglich hilfreiche Einkapselung des Traumas verhindert später die Aufarbeitung!



Ein Grossteil des Traumas wird unbewusst abgespeichert

Es ist dies vergleichbar mit einem Eisberg. Wir wissen, dass 90% des Volumens eines Eisberges sich UNTER der Oberfläche befindet.

Dasselbe gilt für die Psyche: Nur etwa 10% unseres seelischen Erlebens ist uns bewusst. Nur dieser Teil kann durch Gespräche direkt angesprochen werden.

Der Rest besteht aus Erinnerungen und Verknüpfungen, die unserem Verstand direkt nicht zugänglich sind. Umso schwieriger lassen sie sich verändern.

Konsequenzen für die Traumatherapie

Dies hat Konsequenzen für die Trauma-Behandlung. Nur ein Ansatz, der auch die Teile des Eisberges, der unter der Wasseroberfläche sich befinden berücksichtigt und erreicht, kann auf Dauer etwas bewegen.

 



 
Trauma-Therapie in Kürze

Es ist völlig klar, dass es praktisch unmöglich ist, die Trauma-Therapie einigermassen seriös in wenigen Sätzen vorzustellen. Umso mehr geht es auch hier darum, nur ein paar zentrale Fakten zu benennen:

Eine Möglichkeit, eine Trauma aufzuarbeiten besteht in imaginativen Therapien, wie dies zB. Professor Reddemann empfiehlt. Hier wird versucht, mit gedanklichen Bildern, die zum Teil unabhängig vom Verstand einwirken, ein Trauma aufzulösen.

Eine andere, besonders effektive Methode wurde durch die Psychologin Shapiro in den USA durch Zufall entdeckt und dann systematisch erforscht und weiterentwickelt.

Sie beruht auf folgenden Beobachtungen:

Wenn das Gehirn durch äussere Reize gezwungen wird, rasch zwischen der linken und der rechten Gehirnhälfte umzuschalten, dann wird das Gehirn dadurch einen anderen Funktionszustand versetzt, in dem es auf einmal fähig wird, eingekapselte Trauma-Inhalte selber aufzulösen und zu verarbeiten.

Diese Stimulation wurde ursprünglich erreicht, indem der Patient mit seinen Augen einen Gegenstand fixiert hat, der in einem bestimmten Rhythmus vor seinem Kopf hin und her bewegt wird. Später wurde entdeckt, dass ein rhythmisches Klopfen auf die Hände oder auf die Knie denselben Effekt hat.

Die ursprüngliche Beobachtung der Augenbewegung hat der Therapie den Namen gegeben. Sie nennt sich "Eye Movement Desensitation and Reprocessing", kurz
EMDR. Auf deutsch heisst das: Desensibilisierung durch Augenbewegung und schliesslich Neuverarbeitung und Verknüpfung.

Das Elegante an dieser Methode ist einerseits, dass der Patient selber die Verarbeitung übernimmt. Der Therapeut ist lediglich als Geburtshelfer und Begleiter tätig, der nur eingreift, wenn etwa aus der Kontrolle zu geraten scheint.

Ich habe mehrfach erlebt, dass Patienten nach einer solchen Sitzung völlig erstaunt waren. Sie konnten es fast nicht fassen, wie leicht das vor sich ging, wie eindrücklich die ursprüngliche Spannung abgebaut wurde. Nicht selten sind Patienten und Therapeuten beeindruckt, welche Lösung so gefunden wurde. Diese hätte man sich vor der Sitzung so nicht vorstellen können.

Ein weiterer grosser Vorteil besteht in der Raschheit. Es gibt keine andere Therapie, die nach wenigen Sitzungen schon erstaunliche Resultate zeigen kann. Allerdings kann es natürlich mehrerer Stunden bedürfen, bis die Situation für die eigentliche EMDR-Sitzung reif ist.

Wichtig ist auch, sogenannte Kontra-Indikationen
zu beachten. Kontra heisst ja "gegen". Es geht also um Situationen oder Gründe, die gegen eine Therapie sprechen. Dazu gehört beispielsweise eine manifeste Psychose (eine akute Geisteskrankheit) oder die Tendenz, Gefühle perakut und massiv abzuspalten, was Dissoziation genannt wird. Während der Dissoziation ist der Mensch praktisch nicht ansprechbar und ist in einem Zustand, der überwacht werden muss.


 
 
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